Anne-Kathrin Godec: Der Stećak als Subjekt der Betrachtung

Ivan Lovrenović, Ikavische Erdkunde. Photographien Josip Lovrenović, GS-Print Travnik, Synopsis Zagreb, 2019.

Fast ein ganzes Jahr habe ich nun mit dem Buch „Ikavische Erdkunde“ verbracht und es, Wort für Wort, Bildunterschrift für Bildunterschrift, ins Deutsche übersetzt. Wie jede Übersetzungsarbeit ist dies immer ein sehr tiefes Eintauchen in die Sprach- und Vorstellungswelt eines Autors und seines Werkes. Und bei Büchern wie diesem lernt man sehr viel dabei. Und man wird das Gefühl nicht los, dass manche Arbeiten nicht ganz zufällig bei einem auf dem Tisch landen, weil man beim Lesen Antworten auf Fragen bekommt, die man schon so lange mit sich herumträgt, dass man schon fast nicht mehr glaubt, sie je zu finden. Es sind Fragen zu Raum und Zeit, zu den Menschen innerhalb dieser Koordinaten, philosophische, manchmal gar metaphysische Fragen, deren Antworten man am wenigsten in einem Buch über einen so konkreten Raum mit so spezifischem kulturellen, politischen oder religiösen Kontext vermuten würde. Jetzt, wo ich das Buch zur weiteren Verarbeitung an den Verlag abgegeben habe, kann ich darüber nachdenken, was mir davon bleiben wird. Neben der Fülle der Informationen, von denen ich das meiste eventuell bald nicht mehr erinnern werde (ist ja nicht schlimm, ich weiß ja wo ich sie finden kann, wenn ich sie brauche), sind es auch viel größere Dinge, die mir bleiben werden. Der Gedanke an dieses Buch wird mir noch in vielen Jahren, das weiß ich jetzt schon, folgende Gefühle und Gedanken evozieren:  tiefe und echte Bewunderung für die Art und Weise, wie dieser Autor arbeitet; das Bild einer Landschaft, des Polje, das in meinem Kopf sehr präzise Formen angenommen hat (nicht zuletzt auch wegen der großartigen Fotografien) und dessen Schönheit und Wahrhaftigkeit ich begreife, ohne je dort gewesen zu sein; ein tiefes Verständnis für die historischen und aktuellen Umstände der Menschen, die dieses Karstfeld bevölkern und eine, wie mir scheint, wunderbare wissenschaftliche, literarische und praktische Technik, einem Gegenstand mit Respekt, Neugier und Einsatz zu begegnen und deshalb zu Ergebnissen zu kommen, die normalerweise bei ähnlichen Arbeiten nicht erreicht werden. Und was will man mehr von einem Buch?

Aber zunächst einmal, worum geht es?

Das Buch ist das Ergebnis einer Reise, die der Schriftsteller und vielseitige Essayist Ivan Lovrenović mit seinem Sohn Josip Lovrenović, einem Fotografen, Künstler, Grafiker und Bühnenbildner gemacht hat. Es war auch nicht die erste Reise dieser Art. In einer abgekürzten Variante folgten sie dem Reiseweg des ersten bosnischen Reiseschriftstellers Bruder Frano Jukić, der 1845, zu Fuß und zu Pferde in der Gegend um das Kupreser Feld die Dörfer und Siedlungen aufsuchte und niederschrieb, was er vorfand. Und tatsächlich war Jukić der Erste der in Bosnien überhaupt den Reflex hatte, so genau wie möglich zu dokumentieren, was war und nicht nur das: er war überzeugt davon, dass man nur so – in dem man reist, die Welt wirklich kennenlernt und notiert, was man sieht – etwas von der Welt verstehen kann. Ivan und Josip Lovrenović haben den Weg 2018 mit einem alten Berlingo gemacht und natürlich anderes vorgefunden als der Mönch vor mehr als hundertfünfzig Jahren. Es ist viel passiert in der Zwischenzeit und es gibt kaum einen geeigneteren Gesprächspartner als I.L, wenn man sehr facettenreich und kompetent davon erfahren möchte, was das durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte war, was vorgefallen ist.

Lovrenović ist seit seiner Kindheit an Friedhöfen und Grabdenkmälern interessiert. Schon als er noch nicht wissen konnte, weshalb, hatten sie eine magische Ausstrahlung auf ihn. Das ist ungewöhnlich. Wieso sollte ein Kind von Stätten angezogen sein, bei denen es um Tod und Vergehen geht? War es eine Art Wissen oder Ahnung, dass hier, an solchen Orten etwas anderes verhandelt wurde? Etwas Größeres, das zwar nicht physisch präsent zu sein schien, dem man sich aber doch annähern konnte, wenn man die Symbole und Schriften auf den Grabdenkmälern entschlüsselte? Wenn man auch mit einbezog, an welcher Stelle sie sich befanden und warum? Wenn man auch den Himmel und den Karst und die Berge mit einbezog? Wenn man zu Hause zwischen den Zeilen der Familienmitglieder Leerstellen gelesen hatte, die es aufzufüllen und zu verstehen galt? Was auch immer die Motivation jenes Jungen gewesen sein mag, es hat ihn kontinuierlich zu diesen Orten gebracht. Und der Weg war nicht immer leicht, denn seine Untersuchungsobjekte standen nicht in Museen, sondern in einer Natur, die den Zugang nicht immer leicht machte. Und das war gut so, denn es ging nicht nur um die kunsthistorische Seite der Forschung: es ging um das Gesamterlebnis, um den Kontext, um alles.

Denn so kunstfertig das Gestein auch hergestellt worden war, das Ivan im hohen Gras, auf steilen Anhöhen oder auf verlassenen Friedhöfen suchte, es war ja genau dafür gemacht, nicht für eine Ausstellung, sondern für einen bestimmten Ort, einen bestimmten Ort innerhalb einer sehr konkreten Kultur. I.L. weiß das und schätzt und dokumentiert in der „ikavischen Erdkunde“ diesen Zusammenhang von Landschaft, Mensch und Kultur. Und da viele der Anschauungsobjekte sehr alt sind, muss er sich die historischen Bedingungen dieser Zeit anschauen und sie dann erstmal mit dem in Verbindung bringen, was Jukić bei seiner Reise vorfand und dann weiter durch die Zeit reisen bis ins Jetzt – und manchmal auch darüber hinaus in einen Raum außerhalb jeder Zeit.

Um so etwas zu unternehmen, muss man sehr genau hinsehen und sehr viel wissen. Um Geschichte zu verstehen, muss man tief eintauchen, so viele Quellen wie möglich lesen, auch diejenigen, die eventuell aus politischen oder ideologischen Gründen nicht anerkannt sind oder die, die besonders propagiert wurden; man darf nicht müde werden, auch jene Quellen zu entdecken, die vielleicht noch in Archiven schlummern. Man muss sehr viel Sitzfleisch haben und fragen, fragen, fragen… Wen Lovrenović alles fragte, auch das erfährt man im Buch.

Und das bisher Gesagte betrifft nur den historischen Teil des Buches. Auf Friedhöfen geht es aber immer auch um Kunst. Man muss viel über Kunst wissen, um Kunst von Kitsch unterscheiden zu können. Man muss viel von Literatur verstehen, um Dichtung von Pathos zu unterscheiden.

Und letztlich, muss man viel von der politischen, kulturellen, individuellen und kollektiven Psychologie wissen, um Wahrheit von Lüge unterscheiden zu können? Man muss verstehen, dass Wahrheit nicht das Entscheiden für eine gegebene spezifische Perspektive bedeutet, sondern irgendwo inmitten aller Perspektiven liegt. Über Wissen zu verfügen, bedeutet: so viele Perspektiven wie möglich, so genau wie möglich, so abgesichert wie möglich.

Und noch eine wichtige Sache: man sollte keine Angst davor haben, Dunkles, Schmerzhaftes und Schreckliches anzuschauen. Gerade da sollte man sehr genau forschen, denn gerade bei Schmerzpunkten wird das Informationsmaterial in der Regel rar und oft von überwältigenden Emotionen beeinflusst.

Ach ja, und dann sollte man hinfahren und den Gegenstand der Betrachtung vor Ort mit allen Sinnen aufnehmen. Das hatte ja Jukić schon gewusst.

Und so hatten sich Vater und Sohn also ins Auto geschwungen und waren „Jukićs Spuren gefolgt“, Josip mit der Foto-Technik, Ivan mit Jukićs Reiseplan, den Karten und dem intuitiven Wissen, dass an den aufzusuchenden Orten etwas zu finden war, das anders sein musste als das, was Jukić vor Augen hatte. Lovrenović drückt es so aus: „Auf unserer Reise interessierte uns noch das eine oder andere Detail, das Jukić noch nicht kannte. Und so haben wir ihn über zweihundert Jahre hinweg immer wieder getroffen, ihn verlassen, wieder getroffen und uns gegenseitig ergänzt.“ Die Reise führte nach Gradac, Mračaj, Kupres, Glamoč, Gornji Vakuf/ Uskoplje, um nur ein paar davon zu nennen.

Das Eintreffen in jeden Ort verfolgen wir in der Gegenwart und lassen uns dann zu den biografischen Ereignissen, den tatsächlichen Funden oder den Gedankensprüngen leiten, die Ivan Lovrenović vor Ort umtreiben.

Interessant ist auch zu beobachten, wie sich die beiden Hauptakteure Ivan und Josip jeweils gegenseitig in der künstlerischen Arbeit darstellen. Für beide ist das nicht Aufgabe dieses Buchs, hier geht es um etwas anderes, dennoch passiert es fast zufällig hier und da. Auf den wenigen Fotos, auf denen neben den Untersuchungsobjekten oder der Natur auch Ivan Lovrenović zu sehen ist, sieht man folgendes: Man sieht einen Menschen, der in der Situation an die örtlichen Gegebenheiten gelehnt ist und dennoch geistig schon wieder woanders. Zum Beispiel liegt er am Abend eines heißen Sommertags auf dem warmen Stein der Galečić-Brücke und denkt über die Anekdote nach, der zufolge Andrić die Idee zum Buch „Die Brücke über die Žepa“ bekommen hatte, als er sich eines Abends an ihren warmen Stein lehnte und ihr einfach lauschte. Oder auf dem Bild, das zeigt, wie sie zwei Mountainbiker zum zweiten Mal wiedertreffen und Josip das in einem Foto verewigt. Ivan Lovrenović posiert überhaupt nicht mit den Fahrradfahrern, er hat sich bereits in Wegschilder vertieft, und denkt wahrscheinlich über den nächsten Ort nach, zu dem sie fahren müssen oder hat in einem der Ortsnamen eine interessante Wortwurzel entdeckt…

Und umgekehrt schreibt Ivan immer wieder, wie vorsichtig und zuverlässig Josip fährt, wie gut und sorgfältig er bei seiner Arbeit vorgeht usw. Die Aufteilung scheint klar: Josip kümmert sich um das „Hier und Jetzt“, während Ivan für alle übrigen Zeitdimensionen zuständig ist. Und idealerweise haben beide für ihren Zuständigkeitsbereich die jeweils beste Kunstform.

Historisch gesehen trafen die Lovrenovićs an den Orten immer auf sehr viele Schichten. Oft gab es prähistorische Ruinen und Relikte, die von der Gegend erzählten, wie sie vor ein paar tausend Jahren war, dann auch mittelalterliche Überreste und schließlich das, was der reisende Mönch vorfand. Und zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und dem zweiten Jahrzehnt der Zweitausender waren zahlreiche einschneidende Umwälzungen passiert, Verletzungen, Kriege, Neuordnungen, Migrationen. Ivan Lovrenović hat hier eine Art Meta-Blick, sieht Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten in den Abläufen. Und, genau wie Jukić, der einfach die Anzahl der „Christenhäuser und der Türkenhäuser“ in jedem Dorf zählte, bezieht er auch statistisches Material mit ein.

Aber das Besondere am Buch ist eigentlich, dass Ivan Lovrenović jedem ihm auf der Reise begegnenden Gegenstand, unabhängig aus welcher Epoche, Religion, ethnischer Zugehörigkeit er auch stammte, mit derselben Ernsthaftigkeit und Sorgfalt gegenübertritt. Es ist tatsächlich egal, ob es sich um einen Stećakstein handelt, ein orthodoxes Kreuz auf einem Friedhof oder eine katholische Kirche. Immer kennt er den Kontext, die Geschichte, weiß Geschichten über die Menschen zu erzählen, die dieses Denkmal setzten. Was immer er thematisiert erhält durch die Art seines Vorgehens - Würde.

An dieser Stelle sei mir ein kleiner Exkurs erlaubt. Der sehr bekannte deutsche Neurobiologe, Hirnforscher und Pädagoge Prof. Dr. Gerald Hüther schreibt in seinem Buch „Würde“[i], in dem er über die Notwendigkeit der Wiedereinführung des Würdebegriffs auf der Basis neurowissenschaftlicher Ergebnisse und Hirnscans hinweist und mit den klinischen Ergebnissen interessanterweise zu einem Würdebegriff à la Viktor Frankl kommt: „Noch nie zuvor war dieses die gesamte Menschheitsgeschichte durchziehende Phänomen so offenkundig erkennbar wie jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Erstmals eröffnet sich eine Perspektive, die unvermeidbar zu der entscheidenden Frage führt, was uns Menschen – trotz unserer unterschiedlichen Herkunft, Erfahrungen und historischen Eingebungen – miteinander verbindet. Auch das kann nur eine von Menschen entwickelte Vorstellung sein, aber eine, die alle Menschen nicht trotz, sondern aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit miteinander teilen. Keine Ideologie, keine Religion, keine ethische oder moralische Wertvorstellung ist dafür geeignet. Die einzige, alle Menschen verbindende gemeinsame Vorstellung kann nur die von ihnen selbst gemachte Erfahrung ihrer eigenen Würde als Menschen zum Ausdruck bringen.“ Und woanders: „Aus neurobiologischer Sicht handelt es sich dabei um ein inneres Bild, also um ein in dieser Situation aktiv werdendes neuronales Verhaltensmuster, das sehr eng an die Vorstellung der eigenen Identität gekoppelt und damit zwangsläufig auch sehr stark mit emotionalen Netzwerken verknüpft ist. Es geht dabei um eine innere Vorstellung davon, was für ein Mensch jemand sein will. Für diese Orientierung bietende, vor jeder Art von Durcheinander im Hirn schützende und deshalb den Energieverbrauch dauerhaft reduzierende Vorstellung gibt es im Deutschen einen wunderbaren, wenngleich fast vergessenen Namen: Würde.“

Der dahinterliegende Gedanke ist, dass jeder Mensch die Grunderfahrung (die Grundlage von unserer Art der Zivilisation und des Miteinanders ist: wir sind schon in der Schule Objekt der Erziehung, der Beurteilung, der Bewertung, etc.) gemacht hat, als Objekt behandelt zu werden und eine von zwei Optionen von Bewältigungsstrategie wählen muss: sich selbst zum Objekt zu machen oder die anderen. Weil wir das gelernt haben, gehen wir in die Welt hinaus und machen alles um uns zum Objekt unsere Bewertung: zum Objekt unseres Hasses, zum Objekt unserer Kritik, aber auch zum Objekt unserer Bewunderung. Eine Emanzipation aller Beteiligten vom Objekt zum Subjekt erfordert eine grundlegende Erkenntnis, nämlich die von der inhärenten Würde jedes Einzelnen.

Das ist es, was ich meine, wenn ich sage, Lovrenovićs Gegenstände erhielten durch seine Betrachtung Würde. Sie sind nicht einfach Gegenstände wissenschaftlichen, geschichtlichen oder persönlichen Interesses. Sie sind Subjekte, dem sich das Lovrenović-Subjekt mit allem, was ihm zur Verfügung steht, nähert.

Viele Dimensionen der Entwicklungen von Siedlungen und ihren Einwohnern über die Jahrhunderte kann man nicht allein durch Statistik und Chroniken verstehen. Man muss auch das Wünschen und Wollen einer Nation, das Selbstbild der Menschen angesichts geschichtlicher Erfahrungen und die daraus entstehenden Polaritäten begreifen. So schreibt Lovrenović gegen Ende seines Buches: „Nur in solchen kleinen Winkeln des Volkslebens – zwar kleinen aber wie ein Universum wichtigen - konnte man so lebendig den Sinn von Krležas Dilemmas erkennen, der schon lange über das kroatische Nationalschicksal nachgedacht hatte und mit den lateinischen Begriffen ausdrückte: "entitas nationis ili entitas populi"? Das kroatische Paradox in Bosnien und der Herzegowina: Im Wollen, eine Nation zu sein (entitas nationis), verliert sich das Volk (entitas populi), verliert man seine eigen biologische Substanz, verliert man seine ganzen uralten Biotope.“

Und so begleitet man ihn lesend durch die Stationen seiner Reise und sammelt nicht nur Informationen und Material, sondern bekommt einen Begriff von der Subjekthaftigkeit der Menschen, Orte, Natur und sogar der Denkmäler.

Anhand der Fotos kann man das auch immer wieder überprüfen.

Das beste Foto von allen ist aber das letzte, das vielleicht offiziell gar nicht zu den Illustrationen der Reise gehört. Es zeigt ein Selfie der beiden mitten im Karstfeld, umgeben von verstreuten Marmoren und den entfernten Gebirgen im Hintergrund. Es sieht aber gar nicht aus wie ein Selfie. Es sieht aus, als habe ein Stećak-Stein sie fotografiert. Und was hat dieser Stećak gesehen? Er sah den jüngeren, der die Proportionen abzumessen scheint, mit denen er den Stein auf dem Foto präsentieren wollte. Einen Menschen, der sich zu fragen scheint: Wieviel Stein brauche ich, welche Perspektive, wieviel Himmel, wieviel Berge, damit man sieht, was hier und jetzt ist.

Und einen älteren – oder vielleicht ist es der Junge vom Anfang dieses Texts – der neugierig, mit einem Hauch von jenem Forscherglück berauscht ist, das einen befällt, wenn man etwas findet, das man lange gesucht hat. Sein Blick hat das Außen weggeblendet, er zoomt und zoomt und zoomt, nach innen, tiefer, genauer und sucht das spezifische Wesen dieses Steins.

Wenn das gelingt, wenn das Objekt der Betrachtung nicht mehr Objekt ist, sondern als Subjekt zu agieren scheint, wenn es selbst erzählt (wie Andrićs Brücke), wenn die Grenze zwischen Objekt und Subjekt aufgehoben scheint oder zumindest nicht mehr eindeutig ist, dann spricht etwas anderes aus einem Buch als das gesammelte Wissen des Autors.

Und das ist, was Ivan Lovrenović in seinen Texten macht: Er sammelt so viele Informationen wie möglich, lernt, was immer nötig ist, um das Material zu entschlüsseln, er sucht, begeht und forscht auf allen erdenklichen Feldern und schafft dem Objekt seiner Betrachtung einen Multifacetten-Deutungsraum, in dem es selbst für sich sprechen kann. Es ist ein intellektueller Dienst am Gegenstand.

Aber in Wirklichkeit ist es ein Liebesdienst.

 

 

[i] Gerald Hüther: Würde. Knaus Verlag München, 2018.